Wenn Sie wissen wollen, was Ihre Mitarbeiter/innen wirklich denken!
Im Rahmen einer Teambesprechung fragt der Chef: „Was kann ich zur Verbesserung des Arbeitsklimas beitragen?“ Eine nach der reinen Kommunikationslehre wohltuend offene Frage, die nach Lösungen ruft und nicht problematisiert. Das konkrete Resultat an dieser Stelle: Keine Antwort.
Wer auf eine offene Frage eine Idee erwartet setzt voraus, dass der andere eine Vorstellung davon hat, wie es in Zukunft laufen soll. Genau das ist aber längst nicht immer der Fall. Vielen Menschen fällt es schwer zu sagen was sie gerne hätten. Vielleicht kennen Sie das aus dem ganz normalen Alltag, wenn Sie Ihren Partner fragen: „Was willst du morgen essen?“ In der Regel gibt es lange Gesichter, denn da kommen einfach keine konkreten Vorschläge.
Zurück zum Eingangsbeispiel. Der Chef möchte wissen, wie er seine Führungsarbeit verbessern kann. Statt nach Verbesserungsvorschlägen zu fragen, erkundigt er sich danach, was seine Mitarbeiter/innen ganz konkret an seiner Führung stört: „Was stört Sie an meiner Führungsarbeit?“ Die Frage richtet sich nun an Situationen, an die sich jeder erinnern kann. Die Frage bringt die Mitarbeiter/innen dazu zu reflektieren, was ihnen aktuell nicht gefällt. Das erfordert Mut. Denn das erwünschte Resultat ist Kritik. Und mit Kritik konstruktiv umzugehen, gehört sicher zu den größeren Herausforderungen in der Führungsarbeit.
Wie genau gelingt Ihnen das? Zunächst wollen Sie wirklich wissen, was Ihre Mitarbeiter/innen bewegt. Sie nehmen sich fest vor, das Gesagte anzuhören, Ihre Leute ausreden zu lassen und auf keinen Fall vorschnell zu kommentieren. Zuhören und ausreden lassen. Auch den Mitarbeiter/innen kostet es Überwindung, dem Chef gegenüber Kritik zu äußern. Denn oft gibt es diffuse Ängste vor Konsequenzen. Nur wenige Menschen haben Routine im Äußern von kritischen Anmerkungen gegenüber Vorgesetzten.
Schließlich fasst sich die erste Mitarbeiterin ein Herz: „Mich stört, dass Sie oft lange mit Ihren „V.I.P.“-Kunden sprechen, wenn wir an der Kasse Land unter melden und wir Ihre Unterstützung bräuchten.“ Die nächste hakt ein: „Mir fällt auf, dass immer mal wieder Entscheidungen getroffen werden, von denen wir im Team nichts wissen, weil wir erst viel später informiert wurden. Schöner wäre es, wenn wir so schnell wie möglich erfahren, was genau sich verändert.“ Nun kommt Schwung ins Gespräch: „Wir haben ja seit Kurzem eine neue Kollegin. Die muss aber noch richtig angelernt werden, und wir anderen müssen die Arbeit mitmachen. Da fühle ich mich schon das ein und andere Mal überlastet. Ich wünsche mir mehr Gespräche darüber, wie wir die Arbeit besser aufteilen können.“
Können Sie spüren, welche Kraft aus diesen Antworten kommt? Hier werden exakt und für jeden nachvollziehbar Defizite angesprochen, die auf den sprichwörtlichen Punkt kommen. Da gibt es keine Missverständnisse, keine Interpretationsspielräume. Das sind Fakten. Das Großartige ist nun, dass jede der genannten Störungen beseitigt werden kann. Mit anderen Worten: Sie können sofort ohne jeden Zeitverzug Störungen abstellen. Das haben Sie in der Hand. Wenn Ihnen das gelingt, gewinnen Sie neben einem wachsenden Teamgeist noch mehr Loyalität. Störendes entfällt, und davon profitieren natürlich vor allem auch Ihre Kunden. Und darum geht schließlich.
Viel Vergnügen bei der neuen Schlüsselfrage: „Was stört?"
Mit besten Grüßen von Jörg Winter und Iris Keller